«Auch auf die dunkelste Nacht folgt ein neuer Morgen.»
Betroffene , *1983
Wohnhaft im Kanton Solothurn
Mein Name ist Cornelia. Ich wurde 1983 mit einem komplexen Herzfehler geboren – einer D-Transposition der grossen Gefässe, einer Pulmonalstenose und einem VSD. Erst nach der Geburt bemerkte man, dass mit meinem Herzen etwas nicht stimmte, und ich wurde sofort in die Insel Bern verlegt. Meine Mutter blieb damals ohne Informationen im Spital zurück – nicht wissend, was mit mir geschah. Wegen der Komplexität meines Herzfehlers verzichtete man zunächst auf eine Operation.
Kurz nach meiner Geburt wurde ein Kathetereingriff vorgenommen, danach durfte ich nach Hause. Erst mit sechs Jahren wurde ich am offenen Herzen operiert. Nach der Operation erhielt ich wegen Rhythmusstörungen einen Herzschrittmacher – damals noch im Bauch eingesetzt.
Mit zwölf Jahren folgte eine weitere Operation am offenen Herzen, da sich mein Herz durch das Wachstum verändert hatte und der Homograft ersetzt werden musste. Schon als Kind war ich körperlich eingeschränkt – rennen oder mich sportlich verausgaben, wie andere Kinder das konnten, war kaum möglich. Nach der zweiten Operation galt ich jedoch als beinahe gesund.
Knapp zwei Jahre später erlitt ich während einer Familienreise in die USA ein Herzkammerflimmern. Um es zu stoppen, wurde ein portables Reanimationsgerät eingesetzt. Ich erlitt daraufhin einen Herzstillstand und wurde erneut reanimiert. Später erhielt ich einen ICD – ein sogenanntes „implanted cardio device“.
Ich erfuhr, dass meine Rhythmusstörungen und Kammertachykardien durch Narben am Herzmuskel verursacht wurden. Diese Narben stammten von den Operationen und störten die elektrischen Reizleitungen im Herzen.
In den folgenden Jahren kam es immer wieder zu Rhythmusstörungen – besonders während meiner Teenagerzeit eine grosse Belastung. Der ICD löste anfänglich Fehl-Schocks aus, was Panikattacken auslöste.
Als Mensch mit einem angeborenen Herzfehler habe ich mich intensiv mit meinen Ängsten auseinandergesetzt – jedoch kaum mit der Vorstellung, wie ein Leben ohne Herzfehler wäre. Für mich war immer klar: Er gehört zu mir.
Ich habe seit jeher herausfordernde Situationen erlebt – besonders, wenn Mitmenschen, etwa Lehrpersonen, nicht wussten, wie sie mit meiner Situation umgehen sollten, und körperlich mehr von mir verlangten, als ich leisten konnte. Gleichzeitig waren genau diese Erlebnisse auch jene, die mich letztlich stärker und widerstandsfähiger gemacht haben.
Als Kind hatte ich noch keine klaren Bewältigungsstrategien, aber einen starken familiären Rückhalt. Meine Eltern waren stets für mich da – meine Mutter ist bis heute eine der ersten Personen, die ich kontaktiere, wenn sich gesundheitlich etwas bei mir verändert. In meiner Jugend, als ich mit Rhythmusstörungen und den Einschränkungen durch den ICD kämpfte, erhielt ich viel Unterstützung – auch wenn ich nicht alles annehmen konnte. Gespräche mit Psycholog:innen waren mir lange Zeit unmöglich. Eine grosse Hilfe fand ich in der Atemtherapie: bewusstes Atmen, kombiniert mit einfachen Yogaübungen. So lernte ich, mich während Panikattacken über den Atem zu beruhigen. Diese Erfahrung gab mir Kraft – und das bewusste Atmen ist bis heute Teil meiner buddhistischen Praxis, in der ich täglich ein Mantra rezitiere.
Heute bin ich über vierzig – und habe damit meine ursprüngliche Lebenserwartung um mehr als zehn Jahre übertroffen. Mit vierzehn Jahren feierte ich sozusagen meinen zweiten Geburtstag. Rückblickend sehe ich, wie weit ich gekommen bin. Der Austausch mit anderen Betroffenen bedeutet mir viel – er verbindet, stärkt und gibt Halt. Dieses Gefühl, nicht allein zu sein, ist zentral, denn oft fühlt man sich genau so. Gespräche mit anderen haben mir immer geholfen, einen Schritt aus der Isolation herauszufinden.